Über Betriebskosten wird zu wenig gesprochen, sind sich Experten einig. Dabei bietet das Thema enormes Sparpotenzial für Mieter und Vermieter
Die Mietpreise für Wiener Büros sind gut dokumentiert. Halbjährlich präsentieren die großen Makler einschlägige Berichte. Laut den aktuellsten von CBRE und EHL liegen die Spitzenmieten zwischen 25 und 27 Euro/m²/Monat. Ebenso stabil sind die Preise in durchschnittlichen bis guten Lagen, wobei die Schwankungsbreite schon etwas größer ist. Im Westen und Süden Wiens beginnen die Mietpreise für Flächen in Bürotürmen bei elf Euro und enden bei 16 Euro, in der Donaucity werden bis zu 22,50 Euro bezahlt.
Mietkosten vernachlässigbar
Viel zu wenig wird aber über die Betriebskosten geredet, finden professionelle Beobachter wie Andreas Gnesda, Geschäftsführer des Wiener Büro-Consulters teamgnesda. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit diesem Thema und weiß deshalb, dass die reinen Mietkosten gegenüber den Gebäude- und Bürobetriebskosten fast schon vernachlässigbar sind; lediglich 25 bis 30 Prozent der laufenden monatlichen Kosten entfallen seinen Erfahrungen nach auf die reine Miete, durchwegs mehr als 50 Prozent aber auf Gebäude- und Bürobetriebskosten.
Personalintensive Services wie Portier und Security schlagen sich besonders zu Buche, doch auch Strom, Heizung und Kühlung, Reinigung und Instandsetzungen können ordentlich ins Geld gehen. Felix Zekely, Associate Director bei CBRE Österreich, hält das Thema Betriebskosten ebenfalls für ein spannendes; er stellt fest, dass es im täglichen Vermietungsgeschäft eine wachsende Rolle spielt. Denn von Gebäude zu Gebäude können die monatlichen Betriebskosten beträchtlich variieren: Während man in einem „effizienten Flachbau“ meist mit weniger als drei Euro auskommt, ist in einem Büroturm mit rund vier bis 5,50 Euro zu rechnen.
Die Unterschiede zeigten sich kürzlich auch bei einer Tour zu Wiener Neubauprojekten, die Gnesda für Geschäftspartner und Journalisten organisiert hatte. Sowohl für den DC Tower der WED auf der Donauplatte als auch für die Büros der BAI in Wien-Mitte wurden dabei Betriebskosten von 3,90 Euro je Quadratmeter und Monat genannt. Ob es dort im laufenden Betrieb dann nicht doch – wie etwa im Euro Plaza und im Viertel 2 – mehr als vier Euro werden, wird sich noch herausstellen.
„Ab dem vierten Jahr wird’s teuer“
Über diesbezügliche Fallen weiß Gnesda jedenfalls bestens Bescheid: „In den ersten drei Jahren sind die Betriebskosten meist noch relativ stabil, weil die Gewährleistung noch greift. Ab dem vierten Jahr wird’s dann aber teuer.“ Das liege auch daran, dass mancher Vermieter eines in die Jahre gekommenen Bürobaus lieber in Instandhaltung investiert als in Erneuerung; Ersteres lässt sich den Mietern weiterverrechnen, Letzteres nicht.
Abenteuerliche Dinge würden da passieren, es werde oft versucht, alles dem Nutzer umzuhängen, meint Gnesda – etwa bei den Garagen: Der dort verbrauchte Strom wird in den allermeisten Fällen zu den allgemeinen Flächen dazugezählt. „Wer keine Stellplätze nutzt, zahlt den Strom trotzdem mit.“ Zumindest in puncto Energieeffizienz verspricht das ebenfalls gerade fertig gewordene Bürogebäude Green Worx der S+B-Gruppe an der Lassallestraße ein echtes Vorzeigeprojekt zu werden: Auf 2,20 Euro werden hier die Betriebskosten beziffert. Mit einer Vielzahl an Maßnahmen soll dies gewährleistet werden, unter anderem Betonkernaktivierung und ein ausgeklügeltes Wasseraufbereitungssystem. Letzteres hilft, im laufenden Betrieb eine Million Liter Wasser pro Jahr zu sparen. Für die Erlangung der LEED-Platinum-Zertifizierung – erstmals in Österreich – war das maßgeblich verantwortlich.
Es rechnet sich auf Umwegen
Zugute kommen die Einsparungen den Nutzern – für den Investor rechnet sich der Mehraufwand höchstens über Umwege. Um diesem Problem des nachhaltigen Bauens beizukommen, hat die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) im Vorjahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Modelle für einen „nachhaltigen Mietvertrag“ entwickeln sollte. Vertragsbausteine für einen All-in-Mietvertrag wurden dabei ebenso erarbeitet wie eine etwas abgeschwächte Bonus-Malus-Variante (siehe „Wissen“). ÖGNI-Präsident Philipp Kaufmann weiß, dass es noch ein weiter Weg ist, bis das Thema in den Köpfen angekommen ist. Man wolle aber zumindest einmal „Denkmuster eröffnen“, sagt er zum STANDARD.
Erste Projekte gibt es bereits: Die Immorent bietet den künftigen Mietern ihres Bürogebäudes Silo in Wien-Liesing eine zehnjährige Kostengarantie an. Im Oktober 2014 ist das Gebäude bezugsfertig, bis Ende 2024 werde es dann „keine Nachzahlungen“ auf den (indexierten) Betriebskosten-Fixpreis geben, verspricht man. Das wirtschaftliche Risiko dafür trägt nicht der Bauherr, sondern die Hausverwaltung. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 27./28.7.2013)
Wissen: Der „nachhaltige Mietvertrag“
Der Mietvertrag ist der Hebel, um das Thema Nachhaltigkeit in der Immobilie entscheidend weiterzudrehen – davon ist man bei der ÖGNI überzeugt und hat deshalb im Vorjahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit dem „nachhaltigen Mietvertrag“ auseinandersetzen sollte. Die „finale Abstimmung“ fehle noch, sagt Präsident Philipp Kaufmann, doch die Richtung, wohin die Reise geht, wird mit dem Strategiepapier schon umrissen.
Neben Kaufmann selbst waren aus guten Gründen auch namhafte Juristen in der Arbeitsgruppe vertreten, schließlich habe man mit der Neugestaltung entsprechender Mietvertragsklauseln „juristisches Neuland betreten“, sagt Kaufmann.
Ein grobes Modell eines All-in-Vertrags, der sämtliche Betriebskosten deckt, wurde ausgearbeitet, daneben auch ein Bonus-Malus-System, das Qualitäten wie Schadstofffreiheit der Räume und Behaglichkeit für die Nutzer in die Vereinbarungen einfließen lassen soll. Weniger Krankenstandstage der Beschäftigten würden schließlich zu höherer Produktivität führen, was einen etwas höheren Mietzins rechtfertigen würde, so die Argumentation; ebenso wie Umbauten, durch die die Kosten des Mieters gesenkt werden. Weiters beinhalten die Vorschläge ein umfassendes Verbrauchsmonitoring sowie eine Vereinbarung, sukzessive an Zielen wie der Reduktion des Mülls und des Wassers oder der Vermeidung von Schadstoffen bei der Reinigung arbeiten zu wollen – und zwar über die gesamte Nutzungsdauer hinweg. (mapu)